Friedensgebet für die Ukraine

Vor über 34 Wochen begann der menschenverachtende russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Jeder Tag, den der Krieg länger dauert, führt zu mehr sinnlosem Tod und Leid und lässt den Hass weiter wachsen. Deshalb wollen wir weiter öffentlich für Solidarität mit der Ukraine und ihren Menschen eintreten – zum Beispiel mit dem Friedensgebet, zu dem wir uns jeden Mittwoch um 19 Uhr auf dem Zimmerplatz in Lorsbach treffen. Wir beten für die Opfer und für alle, die für das Recht einstehen, und stärken einander, ihnen beizustehen.

Herr, unser Gott,
wir spüren die Wunden unserer Welt.
Unsere Welt leidet am Krieg in der Ukraine.
Sie leidet an jedem Schlag, an jedem Schuss und an jeder Bombe.
Wir betrachten diese Wunde mit Sorge und haben Angst, dass sie sich ausbreitet, statt zu heilen.
Schenke den Wunden der Welt Heilung.
Amen.


Schon öfter haben wir beim Friedensgebet den folgenden Text von Lutz Friedrichs zitiert:

„Du fragst: Was soll’s, dass wir beten?
Wir können doch nichts bewegen, nicht aufhalten Rakete und Panzer.
Aber wir können was tun – und das ist: festhalten an unseren Träumen.

Du fragst, was nützt’s, dass wir beten?
Wir können doch nichts bewegen. „Die da oben lassen sich von uns nicht reinreden!“
Aber wir können was tun – und das ist: sagen, was uns nicht passt.

Du fragst: was bringt’s, dass wir beten?
Wir können doch nichts bewegen: auch wenn wir dagegen sind – Krieg kommt.
Aber wir können was tun – und das ist: gemeinsam beten und die Stimme erheben.“


… und am Mittwoch, 19. Oktober haben wir ergänzt: wir können trotzdem beten. Trotz all dem, was wir nicht ändern können. Und dem zum Trotz, was wir nicht einfach hinnehmen wollen.

In der 3. Strophe des Kirchenlieds „Jesu, meine Freude“ (EG 396) wird dieser Trotz thematisiert. Wenn Sie wollen, können Sie die Strophe mitsingen. Den Text finden Sie unter dem Video. Nach einem ungefähr 30-sekündigen Klaviervorspiel geht es los…

Trotz dem alten Drachen,
trotz dem Todesrachen,
trotz der Furcht dazu!

Tobe, Welt, und springe;
ich steh hier und singe
in gar sichrer Ruh!

Gottes Macht hält mich in acht;
Erd und Abgrund muss verstummen,
ob sie noch so brummen.


Doris Joachim vom „Zentrum Verkündigung“ der EKHN in Frankfurt hat dazu eine Meditation geschrieben:

„Trotz dem alten Drachen.
Trotz dem Todesrachen.
Trotz der Furcht dazu!“
Das lese ich. Das singe ich.
Mal leise und mal laut.
Ein Lied ist es – 350 Jahre alt.
Die dritte Strophe.
Voller Kraft mitten im Leid.
Voll Gottvertrauen und Hoffnung.
„Jesu, meine Freude“, singt es da.
In trauriger Zeit.
Der 30-jährige Krieg grad zu Ende.
Europa am Boden.
Und dann das:
Trotz dem Krieg.
Trotz den Seuchen.
Trotz den Hungersnöte.
Trotz dem Bösen.

Das lese ich. Das singe ich.
Mal leise und mal laut.
Und mein Glaube – so tief erschüttert in dieser Zeit –
Mein Glaube kriegt Halt.
Gewinnt Konturen.
Gibt mir Boden unter den Füßen.

Trotz den Kriegstreibern.
Trotz den Wahrheitsverdrehern.
Trotz den Bomben in der Ukraine.
Trotz der Angst.
Trotz der Hetze.
Die gehen davon nicht weg– ich weiß.
Jedenfalls nicht so einfach.
Und ja: die Todesfurcht hat Grund.
Ganz real.

Und dennoch:
„Tobe, Welt, und springe;
Ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh.
Gottes Macht hält mich in acht,
Erd und Abgrund muss verstummen,
ob sie noch so brummen.“
Das lese ich. Das singe ich.
Mal leise und mal laut.
Und höre es mir an.
Als Motette von Johann Sebastian Bach.
Der hat es geschafft, mich zum Lachen zu bringen.
Über das Brummen.
Die Bässe hatten wohl auch Spaß dabei.

Lachen hilft. Das hab ich erlebt.
Neulich mit einer Freundin.
In Russland war sie aufgewachsen.
Jetzt kommen Kriegsgeschichten hoch.
Längst vergangen. Und jetzt präsent.
Großeltern, Urgroßeltern. Russlanddeutsche.
Im 2. Weltkrieg von Stalin vertrieben.
Nach Sibirien.
Unendliches Leiden.
Und jetzt dieser Krieg gegen die Ukraine.
Wieder ein Diktator.
Die alten Geister kamen hoch.
Über Generationen hinweg.
Die Angst wurde groß.

Ich weiß mehr nicht wie es kam –
Aber plötzlich fingen wir gemeinsam an zu brummen.
Grimassen schneiden, umherhüpfen.
Freude erfasste uns.
Wie die Kinder, dachte ich.
Und das Lied fiel mir ein.
Wie Kinder.
Singen und pfeifen, brummen und hüpfen.
Trotzig und stark.
Gegen die Angst.
Das hilft.
Wirklich wahr.
Das löst aus der Schreckstarre.
Das bringt uns in Aktion.
So können wir leben.
So können wir helfen.

„Unter deinem Schirmen
bin ich vor den Stürmen
aller Feinde frei.
Lass den Satan wettern,
lass die Welt erzittern,
mir steht Jesus bei.“
Das lese ich. Das singe ich.
Mal leise und mal laut.
Und Hoffnung breitet ihre Flügel aus.


Wer die sehr plastische Vertonung von Johann Sebastian Bach einmal hören will, der kann das hier tun:


Soweit der Auszug aus dem Friedensgebet vom 19. Oktober. Wenn Sie auch einmal mitbeten wollen, dann kommen Sie einfach dazu: jeden Mittwoch von 19:00 Uhr bis 19:15 Uhr auf dem Zimmerplatz in Lorsbach.